Ich labe mich am reichhaltigen Frühstücksbuffet: Orangen-, Bananen- und Multivitaminsaft, Brot, Brötchen, Milchbrötchen, frisches Obst, Müsli, Kaffee. Ein Ei. Eine Nacht in einem einfachen Zimmer mit WLAN und eigenem Bad kann wahre Wunder wirken. Der Chef begrüßt jeden Gast persönlich. Weist Plätze zu, plaudert charmant – fürsorglich und bemüht, dass es wirklich niemandem an etwas fehlt. Am Ende kostet mich die Nacht in der Pension Kunert 62,50 €. Mit noch genau 2 € im Portemonnaie starte ich in die letzte Etappe.
Alte weiße Männer
Einmal muss ich mir die Frage auf dieser Wanderung dann doch anhören: „Als Frau sind Sie ganz allein unterwegs?“ Eine Schweizer Männergruppe, die mir sogar einen von sich abgeben will, begegnet mir kurz nach dem Start. Innerliches Augenrollen. Und weiter.
Es geht bergab durch den frisch-duftenden Morgenwald. Sonnenstrahlen brechen durch das Blätterdach, ein Bach plätschert links von mir, Felsen säumen den Weg. Der Amselsee liegt still und malerisch da – dort kann man auch Boot fahren.



Einmal Bus auskippen bitte aka, ja die Basteibrücke ist schon cool
Der Aufstieg zur Bastei ist steil, aber eher „Touri-anstrengend“. Ich kichere innerlich über jene, die nach dem ersten Viertel keuchend eine rauchen. Sich im Schneckentempo die Stufen hochschieben. Vom ersten Aussichtspunkt aus sehe ich viele der Felsen, auf denen ich in den letzten Tagen war. Schon verrückt – alles liegt so nah beieinander. Die Basteibrücke selbst ist beeindruckend, die Tourimassen weniger. Dem größten Ansturm entkomme ich gerade noch, als ich mich zurück auf den Malerweg mache. Ein Bus spuckt eine neue Ladung Besucher aus – nichts wie weg.




Mein Beileid an wer immer du auch bist
Da ich die 1-Euro-Touristentoilette mit der langen Schlange an der Bastei ausgelassen habe, bin ich nun auf der Suche nach einem stillen Örtchen. Doch das gestaltet sich schwieriger als gedacht: lichter Wald, zu viele Menschen. Nach ein paar Kilometern visiere ich einen großen umgekippten Baum an und steuere entschlossen darauf zu. Bevor ich etwas sehe, höre ich schon das Surren – ein Fliegenschwarm erhebt sich und gibt den Tatort frei. Ihm oder ihr muss es wirklich schlecht gegangen sein. Trotzdem kann ich mir ein lautes Lachen nicht verkneifen: Die ein Meter lange Spritzspur ist… beeindruckend. Alle Achtung. Für mich heißt das: weiter suchen.
Aufhören, wenn es am schönsten ist
Der Malerweg führt links hinunter Richtung Wehlen. Eigentlich hatte ich geplant bis Lohmen zu laufen, ein Dorf vor dem offiziellen Ende. Dort gibt es eine Bahnverbindung nach Pirna. Ich checke die Bahn-App und sehe, dass genau ein Zug fährt und der Busverbindung traue ich nicht. Ich überlege hin und her – und beschließe, dass es das gewesen sein soll. Ich beende den Malerweg in Wehlen, steige dort auf die Fähre und fahre mit der Bahn zurück nach Pirna. Nach der Bastei käme ohnehin kein besonderes Highlight mehr. Und selbst wenn: Ich bin satt – satt an Ausblicken, Eindrücken, Auf- und Abstiegen und freue mich noch auf einen kleinen Bummel in Pirna und dann auf Dresden. Als wolle das Universum meinen Entschluss bestätigen, kracht etwa hundert Meter entfernt, mit Getöse, ein Baum zu Boden. Den Weg wollte ich eigentlich gehen.
Zurück in der Zivilisation
Zurück in Pirna, schlendere ich noch etwas durch die Stadt. Es ist Mittag – Zeit für ein Softeis. Ich entscheide mich für Pistazie, werde aber enttäuscht: zu kristallig, schmeckt nach Marzipan. An das Softeis in Dresden ist bisher kein anderes herangekommen. So steige ich irgendwann wieder in der Bahn – zurück in die große Stadt. Lustigerweise bekomme ich im A&O-Hotel exakt dasselbe Zimmer und Bett wie bei meiner Ankunft. Kreis geschlossen. Ich gehe bei „Ramen 1974“ essen und plane dort, an der Steckdose hängend, die nächste Trekkingtour durch. In drei Tagen geht es nämlich schon an die Mosel.

Fazit:
Tjaaa … Die angegebenen 116 km, die der Malerweg offiziell lang sein soll, sind auf jeden Fall gelogen. Auch wenn ich mich das ein ums andere Mal verlaufen habe, bin ich trotzdem auf mehr als 140 km gekommen. Unterkünfte, die nicht direkt am Weg liegen und kleine Abstecher zu Höhlen und anderen Aussichtspunkten lassen die Kilometer steigen. Realistisch ist alles zwischen 130 und 150 km. Das sollte man bei der Planung berücksichtigen.
Die Treppen habe ich definitiv nicht auf dem Schirm gehabt. Es war anstrengend, aber machbar, wenn man einigermaßen trainiert ist und Bock auf ein bisschen Quälerei hat. Man muss sich darauf einstellen, dass kein Supermarkt in greifbarer Nähe ist. Dafür gibt es gefühlt alle paar Kilometer eine Gaststätte, Tante-Emmaladen etc. Verhungern und verdursten tut man also nicht.
Die Landschaft ist unglaublich. Die hohen Tafelberge in der ansonsten flachen Landschaft, sind etwas, was man einmal gesehen haben sollte. Ich bin den Malerweg Anfang Juni gegangen und außer am Wochenende die meiste Zeit allein auf dem Weg unterwegs gewesen. Da ich ihn in die entgegengesetzte Richtung gewandert bin, hat die Beschilderung das ein oder andere Mal, leider etwas zu wünschen übrig gelassen. Angekommen bin ich am Ende aber immer an meinem Ziel.
Würde ich ihn empfehlen? Auf jeden Fall!