Der Tag beginnt verheißungsvoll mit einem strahlend blauem Himmel.
Wir, die Attraktion, zwischen den Dauercampern, werden gegrüßt und für unsere Wanderlust mit einem Daumen hoch beglückwünscht.
Der Weg ist weiterhin ausgezeichnet gekennzeichnet. (Fast) keine Abzweigung ohne das rote „N“ auf weißem Hintergrund. Entweder an Bäume gemalt, als Sticker um Metallpfosten geklebt oder auf einem großen Wegweiser gedruckt. Mittlerweile ist der steile Anstieg am Morgen zum running gag geworden. Die Beine sind noch nicht ganz warm und schon geht es erstmal 100 Meter den Berg hinauf.
Der Weg sonst ist einfach. Breite Forstwege, moosige Bäume und weicher Boden. Mein einziges „Problem“: kein Netz. Mein Handy kämpft mit einem kleinen Balken, welche bald ganz verschwunden ist. Nicht, dass ich zwischendurch surfen muss, aber der Blick auf die Wetter App und Google Maps sind durchaus hilfreich. Die Komoot Karten habe ich vorher zum Glück alle heruntergeladen.
Unser nächster Campingplatz wird ein Jugendzeltplatz am Stausee sein. Zum Bezahlen sollen wir auf dem Weg dorthin, am Privathaus des Verwalters vorbeikommen. Wie sich herausstellt, ist dieser Besitzer einer lokalen Molkerei inklusive SB-Automaten und Hofladen. Über sowas freue ich mich auf einer Wanderung immer besonders. Bevor es aber ans Einkaufen geht, wollen wir das Planerische erledigen und machen uns, an der Molkerei vorbei, auf der Suche nach besagtem Wohnhaus. Ich will gerade klingeln, als uns eine ältere Dame die Tür öffnet. Ich berichte von unserem Anliegen und dass das so mit ihrem Mann abgesprochen sei. Sie ist skeptisch, er nicht da. Normalerweise lassen sie nämlich keine Einzelpersonen auf den Zeltplatz und es kostet regulär 60 €. Mit ihm vereinbart waren 10 € pro Person. Nachdem ich ihr, trotz Offline Modus, zum Glück, die Mail ihres Mannes vorlesen kann, ist die Sache geritzt. Auf zum Shoppen. 4 frische Brötchen, frische Dips, ein kleiner Hartkäse und 2 Pöttchen Pfirsich-Maracuja Sahnequark sind unsere Beute. Für einen ersten Snack vor Ort bleibt leider keine Zeit. Der Regen sitzt uns mal wieder im Nacken. Wir ziehen das Tempo an.
Oberhalb des Stausees hören wir durch den Wald schon laute Stimmen vieler Jugendlicher. Ein kleines inneres und äußeres Stöhnen entweicht uns. Mittlerweile setzt zudem leichter Niesel ein.
Wir finden den Zeltplatz verlassen vor. Die Truppe ist noch auf dem See unterwegs. Es gibt einen großen Holzunterstand mit Bierzeltgarnituren und gegenüber befinden sich in einem weiteren Holzverschlag scheinbar Toiletten und Duschen. Vorne vor sind Waschbecken mit Wasserleitungen. Wir gehen daran vorbei und überlegen, wo wir unsere Zelte aufbauen wollen. Der Regen wird stärker. Am Rand des Platzes und in sicherer Entfernung zu den anderen Zelten steht ein schöner großer Baum. Nach kurzer Begutachtung, mögliche herunterfallende Äste und so, nutzen wir diesen als Regenschutz und für etwas Privatsphäre.
Gegessen wird heute unterm Tarp, begleitet von einer Mischung aus Gangster Rap, arabischer Musik, echt guter 80er-Songs und der deutschen Nationalhymne, plus natürlich etlichen 15-Jährigen im Stimmbruch, die sich die Seele aus dem Leib brüllen, weil Joel doch endlich mit in den Wald kommen soll. „Aber nur Totholz sammeln“, kommt es von der Betreuerin hinterher. Irgendwann wird zu zweit sitzend unterm Tarp zu ungemütlich. Endlich liegen, eine Wohltat. An diesem Abend schaffe ich es das schon erwähnte Buch „Das Café am Rande der Welt“ durchzulesen. Eine absolute Empfehlung für jeden.
Kurzzusammenfassung: John strandet gestresst in einem kleinen Café und wird mit den Fragen „Warum bist du hier“, „Hast du Angst vor dem Tod?“ Und „Führst du ein erfülltes Leben?“ konfrontiert.
Unterkunft: Jugendzeltplatz am Stausee