Trekking Trekkingpark Sauerland

Tag 1 – Meine erste Trekkingtour beginnt

Kulturbeutel? Check. Wasser? Check. Aus Höxter hinausgefahren und die Bananenschale und das Apfelgehäuse vom Frühstück mit runtergenommen? Ach, verdrängen wir das. Die Fruchtfliegen müssen ja auch von irgendwas leben, bis ich wieder da bin.

Rucksackgewicht: 12,45 kg. Hab dann doch noch das leichteste Buch, was ich besitze (Tuesdays with Morrie) und das Campingsitzkissen eingepackt.

Mit dem Auto geht es nach Warburg zum Bahnhof. Liegt da einfach ein Aral LKW quer vor mir auf einer Landstraße! Ein Hoch auf das kleine Auto, so kann ich zum Glück knapp am LKW vorbei, über einen Hof ausweichen und weiterfahren.

Mein Zeitmanagement beginnt zu wanken. 500 m vor dem Bahnhof – Baustelle. Die Ampel erbarmungslos. Lässt immer nur 3 Autos durch. Angekommen. Park and Ride Schild übersehen. Wenden. Parken. Bin ein bisschen nervös. Schmeiße mit zittrigen Händen mein Portmonee in den Rucksack, wuchte ihn aus dem Auto und hetze zum Bahnsteig.

Gleis 2 liegt direkt vor mir. Zug schon da. Noch 7 Minuten Zeit. Erstmal die Stressblase erleichtern. Der Zug ist leer und ich sitze an einer Steckdose. Perfekt.

In Brilon Wald heißt es Umsteigen. Es regnet. Das war so nicht vereinbart. 50 Minuten warten. Ich freue mich über mein Sitzkissen, da es hier keine Bänke im Trockenem gibt und muss schon wieder Pippi. Bahnhofstoilette kostet einen Euro. Keinen dabei. Nächster Zug, nächste Toilette.

Während des Wartens checke ich nochmal die Bahn App und sehe: von Brilon Wald bis Willingen ist es nur noch eine Station. Laufen? Ne, lieber nicht. Keine Ahnung wo es langgeht und das Netz ist zu schwach zum Nachschauen.

Ankunft in Willingen. Auf den ersten Kilometern den Rucksack zurechtzuppeln. Aufsetzen. Absetzen. Es sieht mega schön aus. Die Wolken hängen durch den Regen super tief. Auf breiten Schotterwegen geht es direkt Berg hoch in den Wald hinein. Als der erste Aufstieg geschafft ist, kommt passend die Sonne heraus.

Dann geht der Spaß los. Schmale Pfade durch den Wald führen über Stock und Stein. I’m in Love. Die Nebelschwaden wabern weiter tief über dem Boden her und ziehen schnell wie Rauch durch die Nadelbäume. Es ist mystisch. Ich könnte alle 5 m stehen bleiben und ein Bild machen. Muss aber Akku sparen. Kenne eine Fotografin, die würde es hier lieben 😉

Es wäre schön, diesen Moment mit jemandem zu teilen. Aber hätte ich ihn mit jemand anderem überhaupt so wahrgenommen und genießen können, oder hätte man ihn im Gespräch miteinander einfach übersehen?

Ich gehe mehr über Wurzeln, als auf Erde und denke jedes Mal: Tut mir leid liebe Bäume. Dann: Totenstille. Fichtenwaldmassaker. Kriegsschauplatz im Nebel. Traurig schön. Es könnte eine Filmszene sein. Unsere Protagonisten schleppt sich den schmalen Pfad hinauf. Die Sonne zieht sich hinter den Wolken zurück. Baumleichen und abgetrennte Holzteile liegen über mehrere Hektar verstreut. Der Geruch von Harz und feuchter, warmer Erde liegt in der Luft. Sie lässt das Kriegsgebiet hinter sich.

Wieder im intakten Wald angekommen, fallen mir die riesigen Bestände vom „Roten Fingerhut“ rund um Willingen auf. Nein, in dem Moment wusste ich nicht, was das für eine Pflanze ist. Er ist wirklich überall und seine trichterförmigen Blüten leuchten in einem hellen lila.

Die Beschilderung ist bisher ausgezeichnet. Wirklich alle 100 m erblicke ich das weiße „U“ auf schwarzem Grund als Markierung für den Uplandsteig. Ich treffe auf wenige andere Wandernde oder Menschen im Allgemeinen.

Zwischendurch immer mal wieder etwas Schotter, aber größtenteils Wege, wie man sie sich wünscht. Schmal und naturbelassen.

Nach diesem kleinen Abstecher kehre ich zurück auf den eigentlichen Weg und sehe an einer Mülltonne das Zeichen des „NST“. Das find ich cool. (Mehr dazu an Tag 2)

Die Finger sind lila von Heidelbeeren und klebrig von Sonnenmilch. Könnte es schöner sein? Die Heidelandschaft geht bald wieder über in schattigen Wald. Es wechseln sich Schotterwege und wurzelige Pfade ab. Schutzhütten alle paar Kilometer.

Usseln kommt langsam in greifbare Nähe, doch die letzten Kilometer dorthin führen über puren Asphalt und von oben knallt die Sonne.

Aus der Ferne sehe ich am Waldrand schon meine Bleibe für die Nacht, doch erst noch einen Abstecher zum Rewe. Dieser liegt traumhafte 500 m entfernt. Kalter Kartoffel-Brokkoli Auflauf, ein Schokopudding und ein Apfel. Der Himmel auf Erden. 

Steilster Anstieg des Tages dann noch zu guter Letzt. Hoch zur Plattform. Sie sieht gut aus. Die Komposttoilette benutzbar, aber irgendwas unter der Plattform riecht nach Schei.. . Finde aber nichts. Lage könnte etwas weniger offensichtlich sein, aber ich bin trotzdem weit weg von allem.

Essen oder Zelt aufbauen? Essen oder Zelt aufbauen? Die Vernunft siegt. 

Natürlich wird es genau in dem Moment windig und mir fliegt die Plane um die Ohren. Ich bleibe ruhig. Hab schließlich Urlaub.

Irgendwann steht das Zelt und die speziellen Grätenheringe funktionieren auch perfekt und passen gut zwischen die Holzbretter. Hätte aber doch 1-2 mehr einpacken sollen. Egal passt schon.

Jetzt aber essen und die Abendsonne genießen. Riecht leider immer noch nach Sch… an der hinteren linken Ecke. 

Meine Füße haben perfekt durchgehalten. Nach einer ersten Inspektion weder Druckstellen noch Blasen zu erkennen. Das Polster an der Hacke, das Gelkissen unter der Einlegesohle und die Fußwohl Fußkrem scheinen zu helfen. Das war meine größte Sorge.

Willingen – Usseln: 24,8 km

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